Listing of businesses on rating platforms

Zur Auflistung von Betrieben auf Bewertungsplattformen

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat sich vor kurzem mit einem datenschutzrechtlichen Löschungsbegehren von Betreibern eines Hotels, die die Löschung sämtlicher Beiträge, Fotos und Informationen, inklusive Bewertungen über deren Hotelbetrieb auf einer Online-Reisebewertungs-Plattform begehrten, befasst. In seiner Entscheidung vom 13. Mai 2022 (GZ 258 2236970-1; noch nicht veröffentlicht) analysierte das BVwG, ob die Listung auf den Erlaubnistatbestand des berechtigten Interesses (Art 6 Abs 1 lit f DSGVO) gestützt werden könne. Besonderes Augenmerk legte das Gericht dabei auf die Interessenabwägung und damit zusammenhängend auf die Missbrauchskontrolle der Plattformbetreiberin. Im Ergebnis bestätigte das Gericht, dass die Auflistung von Betrieben auf einer Bewertungsplattform – auch wenn hinter dem Betrieb eine natürliche Person steht – rechtmäßig ist und der Betreiber kein Recht auf Löschung hat.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die beiden Beschwerdeführer sind „Gastgeber“ eines Hotels, welches als „Familienbetrieb“ geführt wird. Gestützt auf das Recht auf „digitale Ruhe“ begehrten die Beschwerdeführer die Löschung sämtlicher Informationen zum Hotelbetrieb, weil die Listung des Hotels und die damit zusammenhängende Verarbeitung personenbezogener Daten ohne Rechtfertigungstatbestand iSd Art 6 DSGVO (va ohne entsprechende Einwilligung) erfolgt sei. Zu erwähnen ist, dass sich im Eintrag auf der Plattform neben den allgemeinen Informationen über das Hotel (Name, Anschrift, Kontaktdaten, Beschreibung, etc.) auch Bewertungen und Erfahrungsberichte von Nutzern befinden. In einigen Erfahrungsberichten werden die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit ihrer Funktion als Inhaber/Gastgeber des Hotels auch namentlich genannt. Interessant ist auch, dass das Hotel mit 4,5 von 5 möglichen Punkten, sehr gut bewertet wird.

Da die Plattformbetreiberin (Beschwerdegegnerin) sich weigerte, dem Löschungsbegehren nachzukommen, erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an die Datenschutzbehörde, welche die Beschwerde jedoch sowohl hinsichtlich der behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung, als auch im Recht auf Löschung abwies (Bescheid vom 18. September 2020, Zl. DSB-D130.308/2020-0.308.526). Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an das BVwG.

Das BVwG bestätigte, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Beschwerdegegnerin vorliegt und dass sich diese nicht auf das Medienprivileg des § 9 DSG iVm Art 85 DSGVO stützen kann. Da die Listung auf der Plattform ohne Einwilligung der Beschwerdeführer vorgenommen wurde, musste das BVwG untersuchen, ob die Datenverarbeitung auf ein berechtigtes Interesse der Plattformbetreiberin oder eines Dritten gestützt werden kann.

Berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung und Erforderlichkeit der Datenverarbeitung

Dazu hielt das BVwG fest, dass die Plattform einem legitimen Informationsinteresse in Form der Ausübung der Meinungs- und Informationsfreiheit der bewertenden Gäste ebenso wie der Personen, die Bewertungen einsehen, dient. Der von der Rechtsordnung gebilligte Zweck liegt darin, der interessierten Öffentlichkeit einen Überblick über die auf einem Markt angebotenen Leistungen zu bieten (vgl OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w, BGH VI ZR 488/19, Ärztebewertung IV, Rz 28). Da es bei Hotel- und Gastronomiebetrieben, insbesondere bei Familienbetrieben, regelmäßig Personen gibt, die nach außen auftreten und den Betrieb gegenüber Gästen vertreten, umfasst das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch das Verhalten dieser Personen im Betrieb.

Die Datenverarbeitung ist auch zur Wahrung der zuvor genannten Interessen erforderlich. Bewertende Nutzer sollen ihre Erfahrungen im Sinne der Meinungsäußerungsfreiheit möglichst authentisch wiedergeben können und sollen diese Erfahrungsberichte von potentiellen Gästen möglichst authentisch empfangen werden (Informationsfreiheit). Das beinhaltet auch Wahrnehmungen über und Nennung von Personen, die den Betrieb maßgeblich mitgestalten, wie eben die Beschwerdeführer.

Interessenabwägung

In der vom BVwG durchgeführten Interessenabwägung wurde festgestellt, dass die Bewertungen in die Sozialsphäre der Beschwerdeführer fallen, da die Kommentare lediglich ihre berufliche Tätigkeit betreffen. Dies gilt umso mehr, weil der Betrieb als Familienbetrieb geführt wird und die Beschwerdeführer im besonderen Maße nach Außen auftreten.

Auch eine von den Beschwerdeführern vorgebrachte Argumentation, die Plattform ermögliche ebenfalls die Abgabe von missbräuchlichen Bewertungen, etwa von Personen, die niemals Gäste waren, und die Beschwerdegegnerin habe kein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang von rechtswidrigen Inhalten, änderte an der Beurteilung des BVwG nicht. Zwar bestehe an falschen oder strafrechtlich relevanten Bewertungen kein legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Ob jedoch diese Missbrauchsmöglichkeit die Datenverarbeitung der Plattformbetreiberin rechtswidrig macht, hänge davon ab, wie intensiv die zur Missbrauchsverhinderung denkbaren Maßnahmen sämtliche in die Interessenabwägung einzubeziehenden Grundrechte einschränkt (vgl OGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w Rz 80 - Lehrerbewertungsplattform).

Der Oberste Gerichtshof (OGH) erkannte bereits in seiner Entscheidung LehrerbewertungsplattformOGH 02.02.2022, 6 Ob 129/21w)das Problem, dass die Lehrerbewertungs-App gewisse Missbrauchsmöglichkeiten nicht verhindert. Beispielsweise können Personen, die einen Lehrer gar nicht kennen, Bewertungen abgeben. Ein solcher Missbrauch könnte nur durch eine namentliche Registrierung der User vermieden werden. Das würde aber die Meinungsäußerungsfreiheit der Schülerinnen und Schüler einschränken, weil sie sich davon abhalten lassen könnten, überhaupt eine Bewertung abzugeben. Der OGH gewichtete die Einschränkung der Rechte des Klägers durch die Missbrauchsmöglichkeit weniger schwer als die Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit, die eintreten würde, wenn sich die Nutzer namentlich registrieren müssten oder wenn eine solche App überhaupt nicht betrieben werden dürfte

Im entschiedenen Fall hatte die Plattformbetreiberin zahlreiche Maßnahmen getroffen, um missbräuchliche Verwendungen einzuschränken bzw es Inhabern von Betrieben zu ermöglichen, sich gegen bestimmte Kommentare zu wehren. Ein mögliches, verbleibendes Missbrauchspotential ist vor allem aus nachfolgenden Gründen nicht ausreichend, um eine Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung anzunehmen:

  • Die von den Beschwerdeführern beanstandeten Bewertungen betreffen ausschließlich ihre der Sozialsphäre zuzuordnende Berufsausübung. Im Gegensatz zu den in der Privatsphäre liegenden Umständen haben diese ein geringeres Schutzniveau.
  • Die Bewertungen können nur von jenen Personen eingesehen werden, die die Plattform tatsächlich besuchen. Ferner werden die Beschwerdeführer nur in einigen wenigen Kommentaren namentlich genannt, sodass im Missbrauchsfall nicht zu erwarten ist, dass mit den Kommentaren eine Prangerwirkung für die Beschwerdeführer entsteht.
  • Dass Bewertende zwingend ihre Identität nachweisen müssen oder einen Nachweis darüber erbringen müssen, tatsächlich Gast des bewertenden Betriebes gewesen zu sein, ist nicht unbedingt erforderlich und gesetzlich auch nicht geboten. Dies würde die Meinungsfreiheit erheblich einschränken.

Die ergriffenen Maßnahmen der Beschwerdegegnerin sah das BVwG daher als ausreichend an. Aus den genannten Gründen ist der Eingriff in die Interessen der Beschwerdeführer durch die von der Plattformbetreiberin vorgenommenen Datenverarbeitung nicht höher zu bewerten, als das Interesse der Öffentlichkeit bzw der Gesamtheit der Nutzer, den Betrieb der Beschwerdeführer zu bewerten und die Informationen über den Betrieb samt Bewertungen/Erfahrungsberichten einzusehen. Die Beschwerde wurde daher richtigerweise vom BVwG abgewiesen. Die Beschwerdeführer haben mittlerweile Revision an den VwGH erhoben.

Am Verfahren beteiligt.

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Dr. Philipp Spring